In Altbauten, gerne in Jahrhundertwendehäusern, sind die Kanten zwischen Wand und Decke regelmäßig profiliert oder einfacherer als Hohlkehle ausgeführt. Da uns die Decke auf den Kopf gefallen war – im wahrsten Sinnen des Wortes – wollten wir auch diese Rundung wiederherstellen.
Wir wollten es mit unserem Lieblingsbaustoff Lehm ausführen. Mit dem können wir einfach besser umgehen als mit Kalk oder Gips. (Über Gips könnte man in diesem Haus streiten, wollen wir an dieser Stelle aber nicht.) Also Lehmputz sollte es sein. Für die grobe Form haben wir Lehmunterputz mit Stroh verwendet. Der kann recht dick aufgetragen werden und reißt beim Trocknennur wenig. Allerdings kann er nicht fein ausgezogen werden.
Die zweite Schicht ist folglich Lehmfeinputz für die Feinarbeit – der Name sagt´s. Doch auch das reicht nicht, denn auch dieser kann nicht „auf Null“ ausgezogen werden. Geschliffen werden können beide nicht. Das schleifen hilft aber, am Ende eine saubere Rundung auszuformen. Die letzte Schicht war Lehmspachtel, der zwischen 3 und 0 mm Schichtdicke aufgetragen und geschliffen werden kann.
Ein Stukateur, eine Stuckateurin ziehen Profile und Rundungen mit Schablonen. Unsere Rundung war zu groß, um eine Flasche Wein als Ersatz zu benutzen. Champagner gab´s nicht, wir waren ja noch nicht fertig. Stücke aus Abflussrohren passten auch nicht. Also haben wir uns eine simple Schablone für die grobe Form angefertigt aus Resten der OSB-Platten, mit denen wir den Boden abgedeckt hatten. Alles weitere war dann „aus der Hand“. Zum Schleifen haben wir uns Stücke der Wärmedämmung von Warmwasser- bzw. Heizungsrohren aus Schaumkunststoff zurecht geschnitten. Besser wäre es gewesen, einen Schleifblock, der dem gewünschten Radius genauer entsprochen hätte. So ganz einfach ist es nicht wirklich saubere Rundungen aus der Hand herzustellen. Das bedarf tatsächlich einiger Übung.
Die Kelle gehört zu meinem geliebten Japan-Kelle-Satz, klein, elastisch, inzwischen leicht gebogen, sehr hilfreich.
Zum Schluss haben wir mit Silikatfarbe weiß gestrichen. Den im Original nicht ganz so leuchtend roten Lehmfarbputz (roter Lehm, keine Pigmente) des Fotos haben wir erst als letztes aufgebracht. Die gelben Flächen sind feinkörnige Grundierung, die nicht verputzt wurden, sondern mit den Küchenschränken verdeckt wurden.
„Die alten Tapetenschichten sind dabei die Wand zu verlassen – nicht ganz freiwillig. Wie geht es jetzt weiter?“
Die Wand soll auch wieder rot werden. Allerdings war die Wirkung bisherigen Kunststoffdispersion auf der alten Rauhfaser irgendwie banal. Die Wand soll, wie die anderen, bessere raumklimatische Eigenschaften haben, wohngesunder und nachhaltiger sein.
Auf Tapete wird also verzichtet. Sehr schöne Farbwirkungen haben natürliche Pigmente in reinen Kalkputzen oder farbige Lehmputze, die aus farbigem Lehm bestehen und keine Pigmente benötigen. Hier wurde sich für Lehm entschieden. Wie es gemacht wurde, haben wir in den Lehmbau-FAQs beschrieben.
So ist nun das Ergebnis, nach dem Anbringen der Bilderleisten. Die immer wieder gelobte Farbtiefe des Lehm-Finish-Putz kann hier leider nicht wiedergegeben werden. Ein Besuch am Ort des Geschehens lässt sich organisieren.
Auch dies aus der Serie „handmade by the architect“.
Oder anders gefragt: „Muss ich eigentlich immer erst alles bis zum Rohbau abschlagen, bevor ich Antworten bekomme?“
Ja, ansich schon. Zumindest ich kann nicht durch Tapete und Putz hindurchsehen – obwohl ich als Sachverständiger Hilfsmittel kenne.
Sagen wir es mit einem kurzen Schwank aus meinem Leben: Als ich damals, nach dem Studium, den ersten angestellten Job bekam, gab es in dem Architekturbüro einen altgedienten Bauleiter. Gelernt hatte er Bauzeichner. Wenn ich mit einer Frage zu ihm kam – es war seine Aufgabe mir Frischling Fragen zu beantworten – , war seine erste Gegenfrage „Ist das so?“. Wenn ich darauf geantwortet hatte, „ich denke ….“ oder „es kann nur…“ oder „die Indizien sprechen dafür…“ , hatte er mich aus seinem Büro geworfen, mit den Worten „Dann ist es also nicht so. Was willst Du?“
Ein Beispiel: Das 30er-Jahre-Haus sah zwar verwohnt, aber doch ganz anständig aus. Nachdem es leer geräumt, nein, entrümpelt und die stinkenden Tapetenschichten entfernt waren (…Raucherhaushalt…), wurde festgestellt, dass der Putz stellenweise lose, teils beim Entfernen der Tapeten gelöst war. Es wurde entschieden, einen Kompressor mit einem handlichen Druckluftmeißel zu besorgen und den Putz in Eigenleistung des Bauherren abzuschlagen. Beim genaueren Hinsehen kamen vereinzelte Risse zu Tage.
Was nun auch sichtbar wurde, war vermutlich eine Vorsatzmauerschale vor der eigentlichen, originalen Außenwand. Es wurden Maße genommen und Ungereimtheiten bestätigt. Also wurde die Decke vorsichtshalber abgestützt und die Vorsatzschale entfernt. (Wie war das? „Ist das so?“)
Das Außenmauerwerk wurde nun, wie in den anderen Räumen, als Ziegelmauerwerk sichtbar. Die Fugen waren durchgehend nicht ausreichend mit Mörtel gefüllt. Die tragende Innenwand war in Kalksandstein gemauert. Es wurde auch deutlich, dass sich die Innenwad von der Ziegelaußenwand gelöst hatte (auf dem Foto gut zu erkennen durch den neuen, braunen Lehmmauermörtel).
Der Statiker wurde gerufen. Daraufhin wurden beide Wände mit insgesamt vier Flachstahlwinkeln verbunden. Die Mauerfugen wurden mit Lehmmauermörtel für tragendes Mauerwerk ausgefüllt. Dank der gutmütigen Eigenschaften des Lehmmörtel konnte auch das der Bauherr selber machen. Anschließend haben alle Wände einen zweilagigen Lehmputz erhalten.
Wie war die Frage noch?
Jetzt einmal ehrlich. Das ist doch eine Binsenweisheit, die ich hier erzähle… Warum muss ich sie dann immer wieder aufs Neue beantworten?
„Ein schlecht gedämmter Altbau, eine Öl- oder Gasheizung, alte Heizkörper, eine hohe Vorlauftemperatur des Heizwassers. Die Heizung muss ausgetauscht werden. Kann hier eine Wärmepumpe angeraten werden?“
Eine Frage, die uns auch zum Thema „Wandflächenheizung“ führt, aber fangen wir vorne an: Pauschal ist die Frage eher ungenügend zu beantworten, wie meistens bei Altbauten. Sicher wäre es am besten zuerst alle möglichen Dämmaßnahmen auszuschöpfen. Gehen wir hier aber davon aus, dass es gute Gründe gibt dies nicht zu tun. Denkmalschutz der Fassade könnte ein solcher Grund beispielsweise sein.
Eine Wärmepumpe benötigt eine möglichst geringe Vorlauftemperatur des Heizkreislaufs, um optimal zu funktionieren. Inzwischen gibt es zwar effizientere Wärmepumpen, die auch bei höheren Vorlauftemperaturen eingestzt werden können, dennoch bleibt es grundsätzlich beim gesagten. Auch bietet sich das Einbinden einer thermischen Solaranlage dann an.
Wandheizung aus VPEC-Rohr über Schilfrohrputzträger vor dem Verputzen mit Lehmunterputz neben Lehmtrockenbauplatten
Wie können niedrige Vorlauftemperaturen im Altbau erreicht werden? Ja richtig, durch Wärmedämmung. Das hatten wir jedoch bereits ausgeschlossen. Es bleibt die Möglichkeit, die Heizflächen zu vergrößern, also anstatt von verhältensmäßig kleinen, warmen Heizkörpern möglichst große Heizflächen einzusetzen. Gleichzeitig wird der Strahlungswärmeanteil durch diese Art der Heizflächen erhöht. Konvektion wird reduziert, weniger Staub wird im Raum verwirbelt.
Strahlungswärme wird vom Körper deutlich besser aufgenommen als warme Luft. Es ist behaglicher, einen Raum mit relativ kühler Lufttemperatur bei gleichzeitig hohem Anteil an Wärmestrahlung zu beheizen, als umgekehrt. Letztlich geht es darum zu verhindern, dass die Körper der Nutzer eines Raumes die Wände, Boden, Decke und Möbel anstrahlen, sondern einen ausgeglichenen Strahlungshaushalt zu erreichen. Das „Kalte-Füße-Syndrom“ im Erdgeschoss eines Jahrhundertwendehauses beschreibt, wie es nicht sein soll, oder auch das „Kalter-Hintern-Syndrom“, wenn sich auf einen Ledersessel niedergelassen wird.
Große Heizflächen lassen sich mittels Fußboden-, Wand- und Deckenheizflächen erreichen. Die Fußbodenheizung kennt ja im Prinzip jeder: Im Estrich des Bodens befinden sich Heizwasser führende Rohre. An Wänden und Decken gilt analog das gleiche, nur umschließt hier, an Stelle des Estrichs, Wand- bzw. Deckenputz die Rohre.
Wieder VPEC-Rohr, hier vor gestapelten Lehmsteinen (sommerlicher Wärmeschutz)
Die Rohre bestehen entweder aus VPEC (einlagige Kunststoff „Schläuche“), aus Verbundmaterial (Kunstoff-Metall-Kunststoff) oder aus Kupfer. Letzteres wird eher selten verwendet.
Als Putz kommen gut wärmeübertragende Mörtel zum Einsatz, die gleichzeitig die Wärmespannungen der warmen und kalten Phasen der Heizung gut verkraften können. Das sind Lehm- und Kalkputze (ohne Zementzusätze!). Solange keine besonderen, weiteren Anforderungen an den Putz gestellt werden, wie zum Beispiel in Spritzwasserbereichen von Duschen, sind Lehmputze die richtige Wahl und nicht zu schlagen.
Hier wurde die Wandflächenheizung absichtlich von der übrigen Putzfläche abgesetzt
Aus gesundheitlicher Sicht wird zuerst die Wandheizung bevorzugt, weil hierbei die angestrahlte Fläche eines aufrechten Körpers größer ist als die der Fußsohlen, wenn die Wärme von unten kommt. Auch ist die Wärmeschichtung der Luft geringer (oben wärmer als unten), als sie bei einer Fußbodenheizung auftritt. Wie sollen denn jetzt Bilder aufgehängt werden und wo dürfen denn noch Schränke oder Bücherregale stehen? Mit ein paar einfachen Tricks und ein wenig Vorausschau ist auch das kein Problem.
Die Deckenheizung ist ins Spiel gekommen, seitdem man Wärmepumpen auch zum Kühlen einsetzt. In unseren Breiten halte ich es allerdings für einen Mangel der Architektur und der Wahl der Baukonstuktion, wenn Gebäude technisch gekühlt werden müssen. Ah, die Sommer werden immer Wärmer als Folge des Klimawandels. Da ist Kühlen doch angebracht. Soso, Raumkühlung als eine Folge des Klimawandels, der durch Energieverbrauch erzeugt wird, soll also mit weiterem Energieverbrauch kompensiert werden? Echt jetzt? Das ließe sich mit intelligenter Architektur (auch in der Altbausanierung), mit den richtigen Dämmstoffen und – nicht zu letzt – mit Haus- und Stadtbegrünung erreichen.
Also, um die Vorlauftemperatur der Heizung niedrig auslegen zu können, werden die Heizflächen vergrößert, durch Wand-, Fußboden- oder Deckenheizung beziehungsweise auch einer Kombination davon. Sollte das nicht ausreichen, kann mit einer, gegebenenfalls raumweisen, Innendämmung nachgeholfen werden.
Es lohnt sich unbedingt dieses Thema sorgfälltig zu durchdenken und die dadurch erreichbaren Fördergelder mit einzukalkulieren. Alles andere wäre kurzsichtig.
Heute war er wieder da, der „Dämmspecht“. Er hat es längst in die einschlägige Presse geschafft. Dennoch hat ihn kaum jemand zu Gesicht bekommen. Nein, nicht den Specht an der Fassade meines Nachbarn, sondern seine doch nicht so seltenen Kollegen. Auch ich war mit der Kamera wieder nicht schnell genug. Wovon ich rede?
Die Wand des Altbaus wurde mit einem Wärmedämmverbundsystem gedämmt. Das Material der Dämmung ist hier Polystyrol. Darüber ein dünnlagiger Putz mit Armierungsgewebe. Der Blockinnenbereich hier bei uns ist recht groß und noch immer weitgehend grün mit Schrebergärten und alten, hohen Bäumen. So besucht uns immer wieder auch ein Specht. Der hat gefallen an der Fassade gefunden. Mit Inbrunst klopft er den Putz auf und höhlt die Dämmung dahinter aus. Die Bilder zeigen das.
Aufmerksam wurde ich darauf, weil die Klopfgeräusche so laut waren, dass ich sie durch das geschlossene Bürofenster hören konnte. Es ist ein „Sound“ wie auf Holz klopfen. Das ist der Grund, warum der Specht hier aktiv wird. Außerdem ist das Dämmaterial schön leicht auszuhöhlen.
Bei der Auswahl der Materialien der nachträglichen Wärmedämmung eines Altbaus – aber auch beim Neubau – kann darauf geachtet werden, ob es dem Specht leichter oder schwerer gemacht wird. Dämmsysteme mit einer relativ schweren Dämmung, z.B. aus Holzfasern, klingen anders. Das soll ein Grundsein, warum hier weniger Schäden durch Spechte entstehen.
Wenn es dennoch passiert ist, wie hier, sollten die Löcher unbedingt wieder geschlossen werden, damit kein Wasser (es ist eine Wetterseite!) eindringen kann und die Wärmebrücke, die wir jetzt haben, geschlossen wird.
„Unsere“ Fassade ist zu hoch, um per Leiter repariert zu werden. Es ist ein Gerüst nötig. Da der Garten aber keinen Zugang zur Straße hat, muss das Material für das Gerüst durch das Treppenhaus getragen werden. Weil das Gerüst aber deutlich teurer ist, als das schließen der Löcher, bleiben diese. Unter dem Dachüberstand mag es regentechnisch kein Problem sein. Beim exponierten, runden Loch allerdings regnet es in und hinter die Dämmung – bis der Schaden angemessen groß ist, damit sich Gerüst rechnet.
„Was ist hier passiert? Wir haben die Tapeten entfernt, Löcher gefüllt und anschließend grundiert. Schon wärend des Aufbringens des Feinputz haben sich die Linien abgezeichnet.“
Die untere Linie führt geradewegs horizontal zur Steckdose rechts. Also wird hier das Kabel eingeputzt sein. Es zeichnet sich vermutlich deshalb ab, weil der Kabelschlitz nicht mit dem originalen Kalkputz, sondern mit Gipsputz gefüllt wurde. Das unterschiedliche Saugverhalten kann die Grundierung hier nicht vollständig ausgleichen.
Die obere Linie kommt von rechts oberhalb der Steckdose. Dort muss es einmal Dose gegeben haben. Dass dieser Schlitz allerdings links spontan nach oben abknickt, ist nicht ordnungsgemäß. Bei Verputzen der linken Wand wurde die Fortsetzung, in gleicher Weise abenteuerlich, sichtbar.
Soweit die Bauforschung. Die sollte bei der Altbausanierung aber stets parat stehen. Falls auf einer solchen Leitung wider Erwarten doch Spannung anläge, könnte das bekanntlich böse Folgen haben. Folglich wurden Anfang und Ende der Leitung gesucht und überprüft.
Über Pusch dieser Art können ganze Oper gesungen werden, Lieder reichen nicht da mehr. Es ist mir immer wieder unbegreiflich was für ein Schindluder so getrieben wurde, auch von Profis. Das – aus meiner Sicht – schlimme ist, dass sich das wenig geändert hat. Ich will wirklich niemand zu nahe treten. Sinn des Beitrags? Nutzt solche Gelegenheiten, wenn Unsichtbares sichtbar wird.
Ach ja, wieso ist die Grundierung Gelb und der Feinputz braun? Weil mit Lehmputz gearbeitet wurde und der passenden, körnigen – in diesen Fall gelben – Grundierung. Und warum gerade Lehmbaustoffe? Nun, sie sind in puncto Raumklima, Verarbeitbarkeit, Altbautauglichkeit und, nicht zuletzt, Nachhaltigkeit kaum zu schlagen. Mehr dazu bei den Lehmbau-FAQs.
„Kann ich meinen Altbau so sanieren, dass er hinterher ein Passivhaus ist?“
Warum nicht? Wie immer kommt es auf das Haus an, aber das wissen wir ja. Richtig ist, das es falsch ist, zu behaupten, es sei grundsätzlich unmöglich. Hier ein schon einige Jahre altes Beispiel: ein Dreifamilienhaus, dessen Dach ausgebaut wurde, komplett neue Haustechnik mit thermischen Solaranteil, recht dicker Außendämmung und Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung erhalten hat – kurz, das volle Programm.
Mit Hilfe von Fördergeldern blieb die Fianzierung im Rahmen. Heute sind die Förderbedingungen deutlich besser als damals. Es lohnt sich sich hier gründlich zu informieren. Eine vernetzte, interdisziplinäre Planung ist bei solchen Vorhaben nötig. Es reicht sicher nicht aus, sich nur Handwerkerangebote einzuholen und einen Energiebrater für die Berechnungen für die Förderanträge zu beauftragen. Ein wenig mehr Enthusiasmus und Ergeiz ist von allen Beteiligten schon nötig. Warum sollte sich das nicht lohnen?
Wir können an dem Beipiel aber auch die Grenzen der Außendämmung sehen. Sie ist zwar gut gemacht, hat sich an das Original gehalten. Dennoch sind die Fensterleibungen nun schon recht tief. Bei einer anderen Architektur könnte man vertreten, die Leibungen etwas abzuschrägen. Hier wäre das zu fremd. Irgend einen Kompromiss muss man immer machen.
Was heißt das jetzt? Wieder einmal: Pauschalurteile sind wenig hilfreich. Ebenso, einfach irgend etwas machen ohne die Zusammenhänge zu betrachten. Man kann es nicht oft genug sagen. Allein die Perspektiven der Fördermöglichkeiten von kfw-Bank und bafa sind Motivation genug.
„Der Keller ist feucht. Kondenswasserprobleme sind ausgeschlossen. Das Haus ist teilunterkellert. Auch die Kellerwand unter dem Haus ist feucht. Wie kann hier abgedichtet werden?“
Schauen wir uns die Skizze an:
Oben der Systemschnitt durch ein teilunterkellertes Haus, unten ein Ausschnitt aus dem Grundriss des Kellers. Die zugänglichen Kellerwände können auf verschiedene Weisen abgedichtet werden – außer von innen (davon halte ich nur in besonderen Einzelfällen etwas, auch wenn hierfür eine Reihe mehr oder weniger genialer Lösungen angeboten werden). Es bieten sich die bekannten zementösen Dichtschlämmen, Bitumendickbeschichtungen, Kunststoffe oder Verkieselungen an. Ich bevorzuge allerdings in jedem Fall eine mineralische Abdichtung (z.B. „Dernoton“). Dazu hier ein ausführlicher Beitrag.
Doch zurück zur Frage. Alle die bekannten Abdichtungen benötigen eine ebene Wand, auf die sie aufgetragen werden. Für eine mineralische Abdichtung gilt das nicht. Die Mittelwand des Hauses hier soll, wie eingangs gesagt, auch abgedichtet werden. Dazu müsste man unter dem rechten Teil des Hauses einen Tunnel graben. Das ist eher unwahrscheinlich.
Mittels einer mineralischen Abdichtung kann das Haus rings um ausgegraben werden und dort, auch wo keine Kellerwand mehr ist,das dichtende Material eingebracht werden. So kann seitliches Wasser nicht mehr unter das Haus gelangen. Die Mittelwand bleibt trocken.
Mineralische Abdichtungen sind frei von chemischen Bestandteilen. Sie bestehen aus definierten Sanden und quellfähigen Tonen. Das Material wird, wie Füllkies, lagenweise verdichtet in die Erde eingebracht. Dazu benötigt es keine Wand. So kann um das Haus herum eine abdichtende Fläche geschaffen werden.
Wenn auch der Boden – vor dem Bau des Hauses – mit einer mineralischen Abdichtung versehen würde, hätten wir keine „Schwarze Wanne“ (Bitumen) oder „Weiße Wanne“ (WU-Beton), sondern eine „Braune Wanne“. Das Prinzip der „Braunen Wanne“ ist älter und bewährter als die moderne Bauchemie.
Die erdölbasierte Bauchemie und der Betonbau haben die „Braune Wanne“ leider weit zurück gedrängt. Das ist aus baukonstruktiven und aus wirtschaftlichen Gründen dumm, denn sie ist deutlich Überlegen im Einbau als auch in der Haltbarkeit. Gleiches gilt für die Ökobilanz oder nur den CO2-Fußabdruck.
Wenn Sie eine konkrete Beratung oder Planung benötigen, stehe ich gerne zur Verfügung (www.olaf-paproth.de).
„Bei zweischaligem Mauerwerk mit Luftschicht sei Vorsicht geboten. Wer kann mir das berechnen? Kann man das überhaupt machen?“
Ohne Dämmung: Temperatur der Wandoberfläche innen 13 °C, U-Wert 1,13 W/m²K
Zur ersten Frage: Alle Architekten, Ingenieure, Energieberater etc., die nicht nur nach dem genormten „Glaser-Verfahren“ arbeiten, sondern mittels „Wufi“ (Fraunhofer Institut), „Cond“ (TU-Dresden) oder gleichwertigen Berechnungsprogrammen die Sachverhalte des Feuchteverlaufes in einem Bauteil deutlich genauer darstellen und bewerten können. Ich erlaube mir anzumerken, dass das eigentlich alle sein sollten, besonders die Energieberater, weiß aber auch, dass dem nicht so ist. Grundsätzliches zum Thema Innendämmung lesen Sie hier.
Mit 60 mm Innendämmung: Temperatur der Wandoberfläche innen 18 °C, U-Wert 0,43 W/m²K Verbesserung der Behaglichkeit um 5 °C, des U-Wertes um 62 %
Zur zweiten Frage: Ja, man kann das machen – wenn man weiß, was man tut (s.o.). Ich habe mir einmal erlaubt, ein Beispiel mit „Cond“ zu berechnen. Es ist ein klassisches zweischaliges Mauerwerk: außen – Vormauerziegel – Luftschicht (sicherheitshalber nicht belüftet angenommen) – Kalksandsteinmauerwerk – Gipsputz.
Tatsächlich fällt bei der Innendämmvariante Tauwasser an (violet). Das kann jedoch in ausreichender Menge gespeichert und im Sommer ausgetrocknet werden. Die Trocknung beträgt hier 58 Tage < max. 90 Tage gemäß Norm. Die Konstruktion ist somit möglich.
Dabei ist zu beachten: Bei ordnungsgemäßem Mauerwerk wäre die Luftschicht belüftet und hätte gleichzeitig Öffnungen, an denen Kondenswasser innenseitig des Vormauerwerks ablaufen könnte. Da dies aber häufig nicht so ist, wurde hier von einer stehenden Luftschicht ausgegangen. Sollte in der vorhandenen Konstruktion eine Dämmung vorgefunden werden, z.B. 40 – 80 mm Mineralwolle, verringert sich der Tauwasseranfall und die Trocknungzeit. Ggf. kann jetzt die Innendämmung dicker ausfallen. Es lohnt sich also genau hinzuschauen und nachzurechnen.
„Es ist ein kleines Ziegelhaus, dessen Wetterseite vor Jahren mit einem Putz versehen wurde. Der ist teils rissig, lose und teils fest und soll nun saniert werden. Dabei dachten wir, den Putz zu lassen, wo er ist und ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) darüber anzudübeln.“
Das lassen Sie besser bleiben, auch wenn der Gedanke vordergründig verlockend erscheint. Es wäre einfach keine anständige Arbeit auf teils losen Putz weitere Schichten aufzubringen, sondern Pfuscherei. Wenn der vorhandene Außenputz in Ordnung wäre und die Dampfdurchlässigkeit des Anstrichs (hier ist keiner) beachtet wäre, könnte ein WDVS tatsächlich direkt auf der Wandfläche angebracht werden. Hier ist das jedoch nicht der Fall.
Es wurde damals ein zementöser Putz auf weiche Ziegelsteine, die mit Muschelkalk vermauert sind, aufgebracht. Das Ergebnis sieht man hier: Der Putz ist zu hart, zu spröde. Er haftet nicht dauerhaft am Mauerwerk. Er wird erst rissig. Wasser läuft dahinter. Das wiederum kann nicht ausreichend abtrocknen. Der Putz fällt ab.
Ein solcher Putz auf einem solchen Mauerwerk muss so oder so abgeschlagen werden. Das sollte nicht allzu schwierig werden. Da die Oberfläche der Ziegelsteine kaputt ist, empfiehlt sich einen historischer Kalkputz zur Egalisierung der Fläche. Darauf kann dann ein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht werden.
Handmuster einer Holzfaserdämmplatte mit Kalkputz und Armierungslage. Die Dämmung ist üblicherweise deutlich dicker, als es für das Muster praktisch wäre.
Ich würde hier keine Kunststoffe anwenden, sondern Holzfaserdämmung, Mineralschaumdämmung o.glw.. Für den Anstrich des Kalkputz empfehle ich reine Silikatfarben (keine Silikone), denn sie beschränken die Dampfdurchlässigkeit nicht, sind nicht filmbildend und gleichzeitig schmutzabweisend auch ohne chemischen „Lotuseffekt“ etwa durch Nanoteilchen.