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Fenster austauschen oder Reparieren?

„Das Fenster lässt sich nicht öffnen ohne, dass es aus den Angeln fällt. Muss ein neues eingebaut werden?“

In diesem Fall hat das Fenster einen Drehkipp-Beschlag. Das Kippen funktioniert, soll aus Energiespargründen aber nur selten genutzt werden. Bei der normalen Drehöffnung springt das Fenster aus der oberen Halterung des Beschlages. Es fällt an der Stelle nach vorne als würde es gekippt werden und droht gänzlich herauszufallen.

Die Antwort des angerufenen Fensterbauers nach der Bitte um Reparatur, nach ausführlicher Beschreibung auch mit Hilfe von Handyfotos, lautete: „Das lohnt sich nicht. Es kommen zwei Monteure, schauen sich das an, fahren wieder zurück, bestellen das Ersatzteil, kommen wieder, um es einzubauen. Kosten: 250,- bis 350,- €. Das ist ja schließlich ein Holzfenster und 15 Jahre alt. Bauen Sie lieber ein neues Kunststoffenster ein und sparen sie die Reparaturkosten.“

„Wie jetzt? Da ist etwas am Beschlag kaputt und ich soll ein neues Fenster einbauen??“

Manchmal ist das sicher richtig. Aber vorher sollte bitte genau hingesehen werden, wie hier dann geschehen. Der Fachmann wurde nicht beauftragt, sondern selbst Hand angelegt.

Der Axerarm (siehe Fotos) springt beim bewegen aus einem „Pin“ und verliert seinen Halt. Warum? Weil er nach oben verbogen ist. Das Blechteil könnte einfach bestellt und ersetzt werden. Ja, es gibt die Ersatzteile beim Hersteller. Allerdings ist die Größenbezeichnung so angebracht, dass der Arm ausgebaut werden muss, um sie abzulesen. Hm, dann kann man doch gleich versuchen den Arm gerade zu biegen? So wurde es gemacht. Das Fenster funktioniert wieder einwandfrei. Das Alles hat knapp eine halbe Stunde gedauert. Es war nur eine Person nötig.

Sicher können dafür keine fünf Jahre Gewährleistung gegeben werden. Das hat aber auch niemand verlangt. Warum war der Arm verbogen? Vermutlich weil das Fenster eine Zeit lang geklemmt hat und mit Kraft zugedrückt wurde, anstatt den gesamten Beschlag regelmäßig zu ölen. Auch das ist behoben. Das Fenster wird noch einige Jahre gut funktionieren.

Exkurs zum Thema Nachhaltigkeit: ökologisches und wirtschaftliches Handeln deckt sich wieder einmal. Der Fensterbauer dagegen hat einen Kunden verloren, auch für den Fall, dass eine Reparatur einmal nicht so leicht ist wie dieses Mal. Ich mag diese einfachen Beispiele, denn sie zeigen so schön , wie einfach Nachhaltigkeit sein kann.

Holzfenster?

„Immer wieder taucht der Wunsch nach Kunststoffenstern auf. Begründet wird dieser meist nur mit der pauschalen Aussage, Kunststoffenster seien besser als Holzfenster. Dabei  sind Sie aber schon allein aus haptischen und optischen Gründen eher dritte Wahl. Was tun für eine sachliche Diskussion?“

Holzfenster, historisches Profil, Lasur-Anstrich, EnEV-konform

Warum Kunststoffenster, genauer PVC-Fenster, kritisch zu betrachten sind, wird bei Wikipedia hinreichend beschrieben. Hier sei nur ihre Nachhaltigkeit infrage gestellt – und ihr architektonischer Wert. Holzfenster sind in diesem Zusammenhang kaum zu schlagen.

Ich halte Kunststoffenster im Wohnungsbau grundsätzlich für überflüssig, denn fachgerecht hergestellte und eingebaute Holzfenster stehen guten Kunststoffenstern nicht nur in Nichts nach, meist sind sie insgesamt die Besseren – insgesamt = in der Gesamtbilanz aller Qualitätsmerkmale. Soll der Pflegeaufwand minimiert werden (Das ist der einzige, mir bekannte Grund, für die obige Pauschalaussage), bieten sich Holz-Aluminium-Fenster an. Deren Preis ist heute nur wenig teurer und armortisiert sich in kurzer Zeit.

Wir wollen an dieser Stelle aber keine Abhandlung über PVC, Holz oder Aluminium in Form von Fenstern diskutieren, sondern ein paar einfache, praktische Hinweise geben, wann ein Holzfenster funktioniert und wann nicht. Die Aufzählung ist auch nicht vollständig. Sie ist dafür gedacht, die weit verbreitete Engstirnigkeit im Umgang mit dem Thema zu erweitern und den Fokus auf handwerklich saubere Arbeit zu lenken.

Holzfenster, Südwest-Ausrichtung, 30! Jahre alt (die Schwarz-Weiß-Darstellung zeigt die Fehler besonders gut)

Bei diesem Fenster sind einige grundlegende konstruktive Fehler zu sehen:

Das „Dachschindelprinzip“ wurde nicht eingehalten. Ein Wetterschenkel am Flügelprofil fehlt. Statt dessen wurde das Regenwasser in eine Rinne im Blendrahmen geleitet. Von dort soll das Wasser durch eine einzige Öffnung wieder austreten. Die Rinne im Innern des hölzernen Rahmens weist kein Gefälle zur Entwässerungsöffnung hin auf. Wie soll hier – geplant eindringendes – Wasser vollständig abfließen? So, wie es ist, bleibt immer Wasser/Feuchtigkeit stehen. Was hat Regenwasser überhaupt IN einem Fensterrahmen zu suchen? Richtig, nichts. Der klassische Wetterschenkel unserer Großväter wäre hier richtig gewesen.

Nächster Fehler: Keine Tropfkante zur Fensterbank, sondern bündiges ansetzen. Herunterlaufendes Wasser kriecht hier in die Fuge und hält den Blendrahmen feucht. Der sollte aber möglichst zügig trocken können.

Gleiches gilt analog für die senkrechte Leiste des Blendrahmens links. Sie ist nicht mit dem waagerechten Profil verleimt. Es bildet sich eine Fuge, in die Wasser eindringt. Den Rest zeigt das Bild.

Die mittlere senkrechte Anschlagleiste ist unten waagerecht anstatt schräg abgelängt. Dadurch bleiben immer Wassertropfen hängen. Die Feuchtkeit kann in das Hirnholz eindringen.

Die untere, waagerechte Abschlussleiste wurde nach dem Einbau angesetzt. Der Ansatz an den Blendrahmen wurde mit Acryl abgespritzt, weil der Ansatz nicht fachgerecht ausgeführt wurde. Es entstand eine Fuge, durch die Wasser hinter die Leiste gerät – durch die Risse im Acryl auch.

 

Zurück zum Dachschindelprinzip: Hier ist dem entgegengesetzt gearbeitet worden. Das Holzfenster wurde ähnlich wie Kunststoffenster konstruiert. Für die ist es zwar auch nicht intelligent, Wasser durch den Rahmen zu führen, aber möglich. Für dieses Holzfenster muss festgestellt werden, dass sein Fensterbauer keine Ahnung von Holz hatte. Ein einfacher Wetterschenkel, der über die untere Anschlussleiste reicht, hätte das Fenster robuster gemacht. Wetterschenkel können so konstruiert werden, dass sie sich leicht austauschen lassen. Das verlängert die Lebensdauer des Fensters noch einmal.

So ist es fast erstaunlich, dass das Fenster tatsächlich inzwischen 30 Jahre alt ist und ansich bestens funktioniert. Es ist dicht, stabil und sicher. Ermöglicht hat das der richtige Anstrich. Anstatt, wie früher oft üblich, das Fenster mit einem Lack anzustreichen, wurde eine offenporige, pigmentierte, UV-stabile Naturöl-Farbe verwendet, sowohl für den Erstanstrich als auch für die Folgeanstriche. Die Bilder zeigen den Anstrich von vor 8 Jahren. Es ist eine sonnenbeschienene Wetterseite.

Also, wir haben festgestellt, dass der Werkstoff Holz seine Regeln hat. Ein Handwerksmeister kennt seine Materialien und hält sich an die Regeln.